Sozialhilfe: Wann sich das Sozialamt an Pflegekosten beteiligt.
Die soziale Pflegeversicherung sichert das Pflegerisiko nicht vollständig ab. Reichen ihre Leistungen nicht aus, um die Kosten im Pflegeheim zu zahlen, können Sie als Bewohner oder Bewohnerin unter bestimmten Voraussetzungen einen Antrag auf Sozialhilfe in Form von “Hilfe zur Pflege” stellen.
Gerne beantworten wir Ihnen hier einige oft gestellte Fragen im Zusammenhang mit Sozialhilfe in Pflegeheimen. Sollten Sie noch weitere Fragen haben, dann sprechen Sie uns gerne an.
Sehr detaillierte Informationen erhalten sie auch in unserem PDF Dokument “Sozialhilfe und Unterhalt“
Wer hat Anspruch auf Sozialhilfe im Pflegeheim?
Hilfe zur Pflege leistet das Sozialamt für Menschen, die pflegebedürftig sind, aber keinen Anspruch auf Leistungen gegenüber der Pflegeversicherung haben. Das gilt für Personen, die
- nicht pflegeversichert sind oder
- einen Pflegebedarf haben, der nach der Einschätzung des Medizinischen Dienstes für weniger als 6 Monate besteht, und der nicht durch Leistungen anderer Sozialversicherungen geschlossen werden kann.
Und in Fällen, in der die stationäre Pflege nicht finanziert werden kann:
- Also bei kostenintensiver Pflege, wenn die nach oben hin begrenzten Leistungen der Pflegeversicherung nicht ausreichen.
- Oder wenn in der stationären Pflege die Eigenleistungen (für Kosten von Unterkunft und Verpflegung, Investitionskosten und Ausbildungsumlage) nicht durch eigene finanzielle Mittel gestemmt werden können.
Das Sozialamt beteiligt sich in den Fällen nur dann an Pflegekosten, wenn die pflegebedürftige Person oder deren Ehepartner nicht ausreichend Einkommen oder Vermögen haben, um die Kosten bezahlen zu können.
Wie wird das eigene Einkommen bei Sozialhilfe berücksichtigt?
Sollten beide Ehepartner bereits im Heim leben, müssen sie ihr ganzes Einkommen für die Heimkosten verwenden.
Lebt dagegen nur ein Ehepartner im Pflegeheim und wohnt der andere Ehepartner in der früheren gemeinsamen Wohnung, muss dem Ehepartner der daheim geblieben ist, soviel Geld übrigbleiben, dass er seine Kosten weiterhin davon bestreiten kann.
Daher wird das gemeinsame Einkommen der Ehepartner nur eingeschränkt für die Kosten der Heimfinanzierung herangezogen. Für die Heimkosten wird dann der Teil des Einkommens verwendet, der zuhause eingespart werden kann. Hier fallen jetzt nur noch Kosten für Unterkunft und Verpflegung für den daheimgebliebenen Ehepartner an.
Bei einem längeren Aufenthalt des Ehepartners im Pflegeheim wird mehr von dem gemeinsamen Einkommen für die Heimkosten herangezogen, wenn dies nach der bisherigen Lebenssituation des im Haushalt verbliebenen Ehegatten angemessen ist.
Im Einzelfall prüft das Sozialamt nun, was angemessen ist. Hierbei berücksichtigt es die bisherige Lebenssituation des im Haushalt verbleibenden Partners. Die gesetzlichen Regelungen geben hier den Sozialhilfeträgern einen großen Spielraum.
Sind Haus und Grundstück bei Sozialhilfe geschützt?
Für viele Menschen ist dies eine wichtige Fragen. Muss das Haus, welches man sich im Laufe seines Lebens erbaut und abbezahlt hat, für die Pflege verkauft werden? In einigen Fällen ist das eigene Haus geschützt. Voraussetzungen dafür sind:
- Der pflegebedürftige Heimbewohner ist Eigentümer oder Miteigentümer des Hauses (z.B. gemeinsames Eigentum der Ehegatten).
- Ein Angehöriger (z.B. das Kind) bewohnt das Haus.
- Der Angehörige möchte das Haus auch nach Tod des Heimbewohners weiter bewohnen.
- Die Größe des Hauses und des Grundstücks sind angemessen.
Die Angemessenheit richtet sich wieder nach dem Einzelfall. Hierbei spielen sowohl die Größe des Hauses und des Grundstücks als auch die Zahl der Bewohner (nur Angehörige) eine Rolle. Für vier Personen sind in der Regel 120 Quadratmeter angemessen, es sei denn, ein Angehöriger oder eine Angehörige hat einen besonderen Bedarf.
Sollte das Hausgrundstück zu groß sein, wird nur der “unangemessene” Teil berücksichtigt. Ist ein Hausgrundstück insgesamt nicht als angemessen anzusehen, muss das Haus dennoch nicht sofort verkauft werden. Es besteht die Möglichkeit, die Leistungen des Sozialamtes als Darlehen zu erhalten. Dann muss man allerdings in entsprechender Höhe eine Grundschuld eintragen lassen, damit das Sozialamt sicher sein kann, sein Geld zurück zu erhalten.
Was ist das Schonvermögen bei Sozialhilfe?
Das Gesetz beschreibt § 90 SGB XII ein sogenanntes Schonvermögen. Dazu gehört unter anderem auch ein Schonbetrag von 10.000 Euro. Der gleiche Betrag gilt für den Ehepartner. Ein Vermögen von insgesamt 20.000 Euro bleibt somit anrechnungsfrei.
Als Schonvermögen gilt auch ein angemessener Betrag, der für die eigene Bestattung und Grabpflege im Rahmen eines sogenannten Bestattungsvorsorgevertrages zweckgebunden angelegt wurde. Es ist also ratsam, rechtzeitig einen Bestattungsvorsorgevertrag abzuschließen, z.B. im Bestattungshaus Madlen.
Zum Schonvermögen zählt auch ein selbstgenutztes Auto (geschützt bis zu einem Verkehrswert von 7.500 Euro).
Erst wenn Einkommen und Vermögen nicht ausreichen, tritt das Sozialamt ein.
Dem Ehepartner, der im Heim lebt, zahlt das Sozialamt dann auch ein Taschengeld. 2024 liegt es bei 152,01 Euro pro Monat. Dieses Taschengeld wird jährlich zum 1. Januar angepasst. Daneben besteht ein Anspruch auf Bekleidungshilfe, dessen Höhe in den Bundesländern unterschiedlich geregelt ist. Hierfür müssen Sie einen Antrag beim Sozialamt stellen.
Wer ist zum Elternunterhalt bei Sozialhilfe verpflichtet?
Reichen Rente, eigenes Vermögen und Leistungen aus der gesetzlichen und privaten Pflegeversicherungen nicht aus, um die Kosten für das Pflegeheim selbst zu zahlen, springt zunächst der Sozialstaat ein und streckt die Kosten vor. Haben Kinder ein hohes Einkommen, fordert er es im Anschluss jedoch von ihnen zurück.
Den Anspruch auf Elternunterhalt machen also in aller Regel gar nicht die Eltern selbst geltend, sondern der Sozialhilfeträger.
- Das Sozialamt kann nur von Personen Unterhaltszahlungen verlangen, die ein Jahresbruttoeinkommen ab 100.000 Euro haben und die mit dem Hilfebedürftigen im ersten Grad verwandt sind (dazu zählen nur Eltern oder Kinder).
- Wird die Jahresbruttogrenze nicht erreicht, besteht auch keine Unterhaltspflicht aus vorhandenem Vermögen des Kindes.
- Schwiegerkinder sind mit ihren Schwiegereltern nicht verwandt und damit auch nicht zu Unterhaltsleistungen verpflichtet.
- Eine Unterhaltspflicht wird vom Sozialamt nur überprüft, wenn ein entsprechender Verdacht oder Hinweis vorliegt. Schreibt Ihnen das Amt mit einem solchen Verdacht, dann müssen Sie Ihre Einkünfte offenlegen.
Rückforderung von Schenkungen durch das Sozialamt
Das Gesetz sieht vor, dass Sozialhilfeempfänger, die in den letzten 10 Jahren vor dem Beginn der Sozialhilfe etwas verschenkt haben, dieses zurückholen dürfen. Der Sinn ist klar: Durch diesen Anspruch sollen sie davor gerettet werden, ihre Wohnung zu verlieren oder nichts mehr zu essen zu haben. In der Regel macht dies aber keiner geltend. Die meisten Menschen wissen gar nicht, dass sie diesen Anspruch haben.
Wenn allerdings der Staat der bedürftigen Person durch Sozialleistungen – etwa durch die Hilfe zur Pflege im Pflegeheim – beispringt, kann er diesen Rückforderungsanspruch geltend machen. Er fordert dann bei dem Beschenkten das Geschenk zurück.
Das kann sogar ein verschenktes Haus betreffen, aber auch monatliche Einzahlungen auf ein Sparkonto.
Wohngeldanspruch im Pflegeheim
Auch Heimbewohner und Heimbewohnerinnen haben einen Anspruch auf Wohngeld. Der Gesetzgeber berechnet die Höhe des Anspruchs allerdings nicht nach der individuellen Höhe der Miete. Vielmehr richtet sich die Anspruchshöhe nach dem Mietniveau in der Region, in dem sich das Heim befindet.
Für die Höhe des Wohngelds ist der Ort des Heims entscheidend. Bei der Berechnung wird immer der Höchstbetrag der jeweiligen Mietstufe berücksichtigt. Außerdem müssen Sie Ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mitteilen. In vielen Bundesländern gibt es dazu ein spezielles Formular, den so genannten Wohngeldantrag für Pflegeheim-Bewohner.
Als Heimbewohner oder Heimbewohnerin müssen Sie daher nicht den Mietwert ermitteln. Der Gesetzgeber hat zur Vereinfachung geregelt, dass der Höchstbetrag der jeweiligen Region (entsprechend der Mietstufe) zu berücksichtigen ist. Sie müssen daher keine Angaben zur Miethöhe machen.
Übrigens: Wohngeld gibt es auch für Bewohner und Bewohnerinnen in unserem Betreuten Wohnen und in unseren altersgerechten Seniorenwohnungen.
Wie kann ich Sozialhilfe im Pflegeheim bekommen?
Sozialhilfe bekommen Sie nur auf Antrag. Beantragen Sie die Hilfe zur Pflege so früh wie möglich. Sie erhalten die Leistungen erst ab Antragstellung und nicht für die Vergangenheit. Sollten Sie bis dahin Schulden gemacht haben, um die Heimkosten zu finanzieren, werden diese nicht übernommen.
Beratung erhalten Sie für Oberhavel beim:
Fachdienst Soziales des Landkreises Oberhavel
Adolf Dechert Str. 1
16515 Oranienburg
Tel. 03301-601-464
https://www.oberhavel.de/Bürgerservice/Soziales/Sozialhilfe/
Hinweis: Für die Hilfe zur Pflege in einer vollstationären Einrichtung ist das Sozialamt des Wohnbezirks oder des Landkreises zuständig, in dem die antragstellende Person vor der Aufnahme in ein Pflegeheim gelebt hat.
Taschengeld bei Sozialhilfe im Pflegeheim
“Taschengeld” (Barbetrag) erhalten Menschen in stationären Einrichtungen, die über die Sozialhilfe mit-finanziert werden, damit sie noch frei verfügbares Geld haben. Den restlichen Sozialhilfebetrag bekommt die Einrichtung, um die Kosten für Unterkunft, Verpflegung usw. zu decken. Je nach Art der Einrichtung gelten unterschiedliche Regeln für das Taschengeld:
- Vor allem für Menschen in Alten-, Pflege- und Obdachlosenheimen gelten die Regeln zum Barbetrag der Sozialhilfeleistung “Hilfe zum Lebensunterhalt”. Danach beträgt das Taschengeld für Erwachsene in der Regel mindestens 152,01 €.
- Das Taschengeld wird auf Antrag erhöht, wenn und soweit ein zusätzlicher notwendiger Bedarf besteht, den die Einrichtung nicht deckt und für den der Mindestbetrag nicht ausreicht (z.B. für Internet im Heim, oder wenn ein Heim nicht genügend Nahrung zur Verfügung stellt).
Es gelten dieselben Voraussetzungen wie bei der Hilfe zum Lebensunterhalt.
In der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und in der Grundsicherung für Arbeitsuchende selbst ist kein Taschengeld im Sinne eines Barbetrags enthalten.
Wer aber im Pflegeheim (ggf. zusätzlich zur Grundsicherung) Hilfe zur Pflege für die Heimkosten bekommt, erhält auch den Barbetrag nach der speziellen Regelung zur Hilfe zum Lebensunterhalt in stationären Einrichtungen.
Hinweis: Wer zwar die Heimkosten selbst finanzieren kann, aber dann kein Taschengeld mehr übrig hat, kann Hilfe zur Pflege auch allein für den Barbetrag bekommen.
Welche Unterlagen werden für einen Sozialhilfeantrag benötigt?
Je nach Einzelfall sind unterschiedliche Nachweise und Dokumente erforderlich, beispielsweise:
- Personalausweis oder Reisepass des Antragstellers oder der Antragstellerin.
- Nachweise über das Einkommen zum Zeitpunkt der Antragstellung
- Nachweise über vorhandenes Vermögen (zum Beispiel Sparbücher, Immobilien)
- Nachweise über Ausgaben (zum Beispiel der Heimvertrag)
- Bescheide/Einstufungen der Pflegekasse
Laden Sie Sich Hier das Antragsformular auf Sozialhilfe herunter.
Hinweis: Klären Sie im persönlichen Termin bei Ihrem Sozialamt, welche Nachweise und Unterlagen Sie in Ihrem speziellen Fall vorlegen müssen.
Tipps zur Sozialhilfe im Pflegeheim
- Haben Sie schon einem Angehörigen eine Vorsorgevollmacht oder eine Generalvollmacht ausgestellt? Dann kann Ihr Angehöriger in Ihrem Auftrag sich um alles kümmern.
- Schließen Sie frühzeitig einen Bestattungsvorsorge-Vertrag oder eine Sterbegeldversicherung ab. Dieser Vertrag zählt zusätzlich zum Schonvermögen und wird nicht angerechnet. Achten Sie hierbei auf einen seriösen Anbieter (Stichwort: Einlagensicherung).
- Beantragen Sie die Sozialhilfe rechtzeitig, bevor das Schonvermögen von 10.000 Euro erreicht wird. Sozialhilfe wird nie für einen Zeitraum vor der Antragstellung gewährt.
- Trennen Sie als Eheleute frühzeitig ihr gemeinsames Bankkonto in zwei einzelne Bankkonten auf. Spätestens wenn einer der Eheleute ins Pflegeheim kommt und Sozialhilfe benötigt, muss das sowieso gemacht werden. Leider beraten die Banken hier genau zum Gegenteil.
- Das Sozialamt prüft die Kontoauszüge der letzten sechs Monate. Achten Sie darauf, dass dort keine unerklärbare Überweisungen oder Bar-Abhebungen vorhanden sind.
- Kaufen Sie sich rechtzeitig noch Dinge, welche Sie im auch noch im Pflegeheim gut gebrauchen können, z.B. einen elektrischen Sessel mit Aufstehhilfe, einen guten Rollator oder einen Elektro-Scooter.
- Beachten Sie, dass das Sozialamt fast alle Schenkungen der letzten 10 Jahre zurückfordern kann (Ausnahme: Anlassbezogene Schenkungen wie z.B. zu Geburtstagen oder zu Hochzeiten in einer angemessenen Höhe).
- Für die Sozialhilfe in einem Pflegeheim ist das Sozialamt des Wohnbezirks oder des Landkreises zuständig, in dem die antragstellende Person vor der Aufnahme in ein Pflegeheim gelebt hat. Es sei denn, die antragstellende Person wird erst sechs Monate nach der Ummeldung auf dem Einwohnermeldeamt zum Sozialhilfeempfänger.