Oberschenkelhalsbruch - Operationen im hohen Alter
Ein Oberschenkelhalsbruch ist eine häufige Todesursache bei meist älteren Menschen. Innerhalb eines Jahres sterben drei von zehn Gestürzten an den Folgen. Eine geplante Hüft-OP überstehen viele Hochbetagte dagegen sehr gut. Bei einer OP nach akutem Sturz sind die Zahlen hingegen alarmierend.
Stürze im Alter können schlimme Folgen haben. So haben etwa nach der Diagnose Schenkelhalsfraktur viele Betroffene Angst, danach nicht mehr richtig auf die Beine zu kommen.
Die Chancen, wieder fit zu werden, sind aber heute besser denn je. Wir zeigen Ihnen, worauf es ankommt: Mit einer rechtzeitigen Operation und gezielter Reha sind die Heilungschancen gut.
Was macht den Oberschenkelhalsbruch so gefährlich?
Jährlich brechen sich mehr als 100.000 Menschen den Oberschenkelhals, vor allem ältere Menschen. Die Schenkelhalsfraktur ist die häufigste Bruchstelle bei Menschen über 80 Jahren.
Die Verletzung kann tödlich enden: Mehr als 9,9 Prozent der Betroffenen sterben in den ersten 30 Tagen an Komplikationen wie Thrombosen, Lungenembolien oder Lungenentzündung. Die Sterblichkeit der Patienten nach 12 Monaten liegt bei 26,9 Prozent.
Im Gegensatz dazu die geplante Hüft-OP: Hier liegt das Sterberisiko bei 1:300. Das hängt auch damit zusammen, dass der Klinikaufenthalt meist kürzer ist.
Und bis zu 20 Prozent der Gestürzten bleiben bettlägerig oder zumindest so gebrechlich, dass sie anschließend im Pflegeheim betreut werden müssen. Nur 40 bis 60 Prozent der Patienten erreichen nach einer Fraktur des Oberschenkelhalses wieder das Niveau an Mobilität, das sie zuvor hatten.
Und dann muss es schnell gehen …
Denn am besten stehen die Heilungschancen, wenn innerhalb von 24 Stunden nach dem Bruch operiert wird. Professor Bernd Kinner ist einer der beiden Leiter des Zentrums für Alterstraumatologie am Stuttgarter Robert-Bosch-Krankenhaus. „Dahin weisen alle Studien, dass der Patient innerhalb von 24 Stunden operativ versorgt werden muss.“ Überlebenschance und Mobilität seien dann deutlich besser.
Seit 2021 regelt daher der gemeinsame Bundesausschuss G-BA (§5 QSFFx-RL): „Das Krankenhaus ist verpflichtet, unverzüglich nach Aufnahme einer Patientin oder eines Patienten mit einer Fraktur des Oberschenkelhalses die weitere Versorgung mit dem Ziel zu planen, dass die operative Versorgung innerhalb von 24 Stunden erfolgt.“ Die Praxis zeigt jedoch, dass sich dieses oft nicht realisieren lässt.
Für ältere Patienten beginnt die gefährlichste Phase eines Klinikaufenthaltes erst nach der Operation. In der darauffolgenden Liegezeit in der Klinik verschlechtert sich bei zahlreichen Patienten der Gesundheitszustand.
Was kann man tun, um einem Sturz vorzubeugen?
Stürze vermeiden - Tipps zur Sturzprophylaxe
- Stolperfallen in der Wohnung entschärfen wie Teppichkanten, rutschige Fliesen oder Kabel auf Laufstrecken.
- Eine ständig aufgeräumtes Wohnumfeld reduziert das Sturzrisiko, vor allen nachts. Nichts auf der Treppe abstellen.
- Die Sehkraft überprüfen, das gilt auch für Brillenträger. Auch nachts für ein beleuchtetes Umfeld sorgen, etwa im Schlafzimmer und auf dem Weg zur Toilette.
- Schuko Steckdosen mit LED-Orientierungsleuchten (z.B. von Gira) sorgen nachts für indirekte Beleuchtungen in den Fluren und im Badezimmer.
- Stütz- und Haltegriffe für Badewanne, Dusche und WC reduzieren das Sturzrisiko im Badezimmer.
- Festes Schuhwerk oder Schuhe mit Halteriemen tragen, auch im häuslichen Umfeld. Nicht auf Socken laufen.
- Mit dem Hausarzt die Medikamente durchsprechen: Es gibt Medikamente, die die Sturzneigung erhöhen, zum Beispiel Schlafmittel.
- Den Kreislauf kontrollieren: Bei manchen Patienten führt etwa ein zu schnelles Aufstehen zu Schwindel.
- Frühzeitige Verwendung von Trekkingstöcken oder Rollatoren. Aber: Keine Halteschlaufen an den Trekkingstöcken benutzen. Sie können sich bei einem Sturz sonst nicht mit der Hand abstützen.
- Küchen- und Wohnzimmer-Stühle mit Armlehnen verwenden.
- Die Verwendung von Hüftprotektoren bringt keinen signifikanten Vorteil. Das belegen Studien übereinstimmend. Trotzdem werden sie immer wieder verkauft.
Wenn es doch zu einem Oberschenkelhalsbruch gekommen ist ?
So sind Oberschenkel und Hüftgelenk verbunden
Der Oberschenkelknochen ist der längste Knochen im menschlichen Körper. Im oberen Bereich ist er r-förmig im Hüftgelenk eingehängt. Bei einem seitlichen Sturz auf diese Stelle wirken große Kräfte. Der Bereich zwischen Schaft und dem Hüftkopf ist etwas dünner und geht besonders oft zu Bruch – auch weil im Alter Stürze zunehmen und Osteoporose die Knochen schwächt.
Patienten und Angehörige sollten besonders auf die postoperative Versorgungsqualität achten.
Denn noch längst ist in unserem Gesundheitssystem nicht alles optimal auf die Bedürfnisse des alten Menschen abgestimmt. Da bleibt den Patienten und Angehörigen nur eins: Sich sehr genau auszusuchen, welcher Klinik man sich anvertraut. Gerade wenn mit einem längeren Klinikaufenthalt zu rechnen ist, sind kritische Fragen zur Versorgungsqualität auf der Station durchaus angebracht. Im Zweifel hilft auch ein Blick auf die Homepage der Klinik. Weist sie altersmedizinische Behandlung aus oder altersunfall-chirurgisches Zentrum ist schon viel gewonnen. In unserer Region nördlich von Berlin empfehlen wir hier die Sana-Kliniken in Sommerfeld sowie das Helios Klinikum Berlin-Buch.
Operationsmethoden nach Oberschenkelhalsbruch.
Welche Therapie die richtige ist, hängt von mehreren Faktoren ab. Für über 80-Jährige ist das Teilgelenkersatz-Verfahren oft vorteilhaft, weil Komplikationen selten sind und der Körper schnell mobilisiert werden kann. Ist der Bruch komplizierter, könnte ein Vollgelenkersatz notwendig werden. Die OP-Narbe hat hier etwa eine Länge von 6 bis 8 Zentimetern. Die Prothese verbleibt im Körper.
Betrifft der Oberschenkelhalsbruch den Bereich des großen Rollhügels, mit dem Muskelansatz an der Außenseite des Oberschenkels, kann dieser mit einer Einlage aus Titan stabilisiert werden – im sogenannten Osteosyntheseverfahren. In diesem Fall kann der Schenkelhals erhalten werden. Der Schnitt für die Operation ist hier etwas kürzer und erfordert eine Länge von etwa fünf Zentimetern. Bei älteren Patienten verbleibt das Titanteil im Knochen und sorgt unter Umständen zudem für Stabilisation bei einem künftigen Sturz.
Die Operation dauert je nach Methode in der Regel etwa 30 bis 60 Minuten. Verläuft alles ohne Komplikationen können die Patienten nach vier bis fünf Tagen die Klinik verlassen und in die Reha gehen.
Hilfreich für den Erfolg: ein interdisziplinäres Ärzteteam.
Wichtig für den Heilerfolg ist die Behandlung in interdisziplinären Teams. Es hat sich gezeigt: Je enger Orthopäden, Geriater, Internisten und Physiotherapeuten zusammenarbeiten, umso besser ist das für den Heilungsprozess der Patienten.
Am Robert-Bosch-Krankenhaus versorgen Unfallchirurgen und Altersmedizinerinnen wie Dr. Kerstin Bühl Patienten mit Schenkelhalsbruch seit zehn Jahren gemeinsam – ab 2025 soll das bundesweit Standard werden. Die Fachärztin erklärt: „Das A und O ist, dass die Patienten wirklich unmittelbar nach der Operation mobilisiert werden, nicht lange im Bett liegen, sodass sich Kreislauf und Muskulatur sofort wieder an altersrelevante Bewegungen gewöhnen.“
Zweiter entscheidender Punkt: Schnell mit der Reha starten.
Um nach einem Schenkelhalsbruch zügig wieder auf die Beine zu kommen, sollten Operierte im Anschluss so bald wie möglich mit der Rehabilitationsmaßnahme beginnen. Nach vier Wochen nach Operation und Reha ist der Erfolg: „Die Hüft-Muskulatur ist schon recht kräftig und kann das Becken gerade halten“.
In der Praxis zeigen sich aus unserer Erfahrung hier jedoch zwei Schwierigkeiten:
1. Eine Anschlussbehandlung in einer Reha erfolgt oft erst mit einer zeitlichen Verzögerung von mehreren Wochen.
2. Pflegebedürftige und inkontinente Patienten werden von der Reha nicht aufgenommen.
Welche Hindernisse sehen wir als Pflegeheim in der persönlichen Sturzprophylaxe zu Hause ?
- Sorglosigkeit: „Mir wird schon nichts passieren, ich passe ja schon auf.“
- Nachlässigkeit: „Ich sollte mal den Teppich entfernen und auch immer nachts das Licht einschalten. Den Staubsauger räume ich dann morgen weg.“
- Peinlichkeit: „Ich schäme mich, in der Öffentlichkeit Treckingstöcke oder einen Rollator zu benutzen. Was sollen denn die Leute denken?“
- Überheblichkeit: „Ich werde ja wohl noch meinen Waldweg gehen können. Und das Bisschen Schnee schadet uns auch nicht. Früher haben wir den Schnee meterhoch gehabt.“
- Höflichkeit: „Ich kann doch nicht meine Nachbarin bitten, mir den Wäschekorb die Treppe hochzutragen.“
- Sparsamkeit: „Ich werde mir doch keine Reinigungskraft für meine Wohnung kommen lassen. Was das wieder kostet.“
- Unselbständigkeit: Die ältere Person kann das Sturzrisiko nicht mehr selbst einschätzen, z.B. aufgrund von Demenz. Hier sind die Angehörigen gefragt.
- Unbelehrbarkeit: Ernste Ratschläge zur Sturzvermeidung von Medizinern oder Angehörigen werden nicht angenommen.
Wenn Sie diese kognitiven Hindernisse alle aus dem Weg räumen, dann haben Sie das Risiko für einen Oberschenkelhalsbruch überaus deutlich reduziert !
Quellenangaben:
- Christian Müller-Mai – St.-Marien-Hospital Lünen, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Lünen, Deutschland. 12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocT2-11-420.
- Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA), „Richtlinie zur Versorgung der hüftgelenknahen Femurfraktur“. Erstes Beschlussdatum: 22.11.2019, zuletzt geändert am 04.12.2024, Inkrafttreten: 01.01.2025.
- Markus Böhle, Oberschenkelhalsbruch – wieder fit werden nach dem Sturz, Sa., 24.2.2024 9:45 Uhr, Doc Fischer, SWR
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